Karl und Wilhelmine sind beide in Londorf (jetzt Rabenau-Londorf), einem kleinen Dorf in der Nähe von Gießen, aufgewachsen, in verschiedenen Straßen, aber nur wenige Häuser voneinander entfernt.
Karl arbeitete auf den Feldern und Wilhelmine war die Tochter eines Bauern.
Anschließend arbeitete Karl als Kernmacher. Er arbeitete für eine Firma, die Heizkörper für Heizungen herstellte. Dort goss er Eisenformen.
Sie besaßen auch ein Stück Ackerland und pachteten mehr von anderen Bauern dazu. Dort hielten sie einige Hühner, zeitweise auch 2 Schafe, Gänse und Kühe. Sie hatten auch viele Obstbäume, hauptsächlich Äpfel, Birnen und Pflaumen.
Sie liebten die Landwirtschaft, aber ihr Ackerland war nicht groß genug, um nur vom Land leben zu können. Allerdings gefiel Karl auch sein Hauptberuf als Kernmacher bei Buderus.
Sie lebten im Haus von Karls Eltern und zogen dort ihre vier Kinder groß. Ihre älteste Tochter hieß Elisabeth und ihr Sohn hieß wie sein Vater Karl. 1924 brachte Wilhelmine die Zwillinge Margarethe und Marie (meine Oma) zur Welt.
Der Zweite Weltkrieg brach aus und ihr Sohn Karl wurde in den Krieg geschickt. Karl, der Vater, kritisierte Hitler, weswegen er vor eine Jury treten mußte, dort aber glücklicherweise von einem guten Freund gerettet wurde. Sie hatten ein Radio und hörten zusammen mit ihren Nachbarn die Nachrichtensendungen der alliierten Streitkräfte.
Als Karls Bruder Konrad, der in Gießen lebte, ausgebombt wurde, wohnte er für eine Weile mit seiner Familie bei ihnen. Glücklicherweise blieb ihr eigenes Haus verschont, aber ihr Sohn Karl wurde seit dem 31. Dezember 1942 in der Nähe von Stalingrad in Russland vermißt und kehrte nie wieder nach Hause zurück. Wilhelmine war untröstlich und fragte jeden Soldaten, der aus dem Krieg zurückkam, ob er Neuigkeiten über ihren Sohn wüsste.
Der Krieg war zu Ende, doch kurz vor Weihnachten 1946 stürzte Margarete unglücklich, als sie abends, als es schon dunkel war, etwas von den Nachbarn abholen wollte. Da lebensrettende Medikamente wie Penicilin immer noch knapp waren, konnte sie nicht gerettet werden.
Es hat einige Zeit gedauert, aber langsam wurde das Leben wieder besser. Marie heiratete und zog im Haus von Karl und Wilhelmine ihre Familie groß. Man hörte Kindergeschrei und Kinderlachen.
Wilhelmine liebte es, Gäste zu haben und so war ihr Haus immer voll mit Nachbarn, Verwandten und Freunden.
Karl starb 1961, aber Wilhelmine lebte noch, als ich geboren wurde. Als ich ein Baby war, brachte mich meine Mutter morgens vor der Arbeit nach Londorf in ihr Elternhaus und Wilhelmine wartete immer schon auf mich. Sie hatte ein Sofa, auf dem ich gerne gehüpft bin. Meine Mutter und ihr Bruder durften als Kinder nicht darauf hüpfen, aber ich durfte!
Aber als ich 3 war, zogen wir in eine andere Stadt um und schon ein halbes Jahr später ist Wilhelmine eines Nachts friedlich im Schlaf gestorben.
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